Eine nicht auskurierte Grippe, ein angeborener Herzfehler oder eine Lebensmittelvergiftung - die wenigsten Menschen rechnen damit, dass sie einmal auf eine Organtransplantation angewiesen sind. Auch die Eltern der drei Kinder, die nach einer Pilzvergiftung um ihr Leben rangen, sind von heute auf morgen damit konfrontiert worden.
Die Kinder sollen leben! Genauso wie die 8.500 Patient*innen, die aktuell auf der Warteliste für eine Organtransplantation stehen. Deren Chancen hängen wesentlich davon ab, welche politischen Weichen nun gestellt werden. Das Bündnis ProTransplant fordert, das Recht der Wartepatient*innen auf Leben in den Fokus zu stellen und den gescheiterten deutschen Sonderweg endlich zu verlassen.
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Betroffene nicht erneut im Stich lassen
„Die Betroffenen und ihre Angehörigen sind zutiefst dankbar für die Initiativen des Bundesrats und der fraktionsübergreifenden Gruppe der Bundestagsabgeordneten, denen das Leid der Menschen auf der Warteliste nicht egal ist. Deren ganze Hoffnung ist daran geknüpft, dass endlich auch in Deutschland gilt, was in unseren Nachbarländern schon lange Normalität ist. Sie sollten nicht noch einmal enttäuscht werden“, sagt Mario Rosa-Bian, Sprecher des Bündnisses ProTransplant. „Dass in der Presse bereits von einem Gegenentwurf die Rede ist, weckt traumatische Erinnerungen, denn der angeblich bessere Gegenvorschlag von 2020 hat sich - wieder einmal - als Flop erwiesen. Knapp 3.000 Betroffene haben diese politische Fehlentscheidung mit ihrem Leben bezahlt.“
Abgeordnete tragen große Verantwortung
Irritiert hat das Bündnis Rückmeldungen von Bundestagabgeordneten zur Kenntnis genommen, die im Zusammenhang mit der anstehenden Debatte auf die gesundheitspolitischen Sprecher*innen ihrer Fraktion verwiesen haben. Andere baten darum, ihre positive Haltung gegenüber einer Widerspruchsregelung nicht publik zu machen.
„Wir möchten daran erinnern, dass es bei der Abstimmung keinen Fraktionszwang gibt. Die Bundestagabgeordneten sollten sich bewusst machen, dass ihre persönliche Entscheidung pro oder contra Widerspruchsregelung einen Einfluss auf das Leben der Patient*innen auf der Warteliste haben kann: Stehen sie auf der Seite von Leid und Tod oder stehen sie auf der Seite der Menschen, die leben möchten – und könnten?“, sagt Zazie Knepper, Sprecherin des Bündnisses ProTransplant.
„Aus eigener Erfahrung wissen wir: Wenn es Ihre Kinder wären, die auf einer Intensivstation um ihr Leben kämpfen, würden Sie verstehen, warum Ihre Stimme für die Widerspruchsregelung so wichtig ist. Drüber hinaus wäre eine solche Regelung ein klarer Auftrag an die Kliniken, sich beim Thema Organspende viel stärker zu engagieren als dies heute der Fall ist.“
Ganze Gesellschaft profitiert, ist aber auch gefordert
„Jede und jeder kann auf ein Spenderorgan angewiesen sein − und wer in dieser Situation ist, möchte eins bekommen. Möchte weiterleben, und möchte, dass sein Kind weiterlebt. Wir sind als Gesellschaft gefordert, angemessene Wege zu finden. Leider klammern sich manche lieber ans Ignorieren, Ablehnen und Bekämpfen, als nach vorne zu schauen. Bereits 27 europäische Länder − teils schon seit Jahrzehnten − gehen umsichtig und angemessen mit der Organspende und der Widerspruchsregelung um. Das können wir auch“, so Christiane Daum, Angehörige eines Betroffenen, der eine Herztransplantation erhalten hat.