Berlin, 13. Juni 2024. Das Bündnis ProTransplant begrüßt die Initiative von acht Bundesländern, im Bundesrat einen Gesetzesentwurf über die Einführung einer Widerspruchsregelung einzubringen, um die dramatische Situation bei der Organspende nachhaltig zu verbessern.
Wichtigster Schritt zu einem Kulturwandel
„Die Widerspruchsregelung ist der wichtigste Schritt, um auch in Deutschland endlich einen Kulturwandel einzuleiten. Staat und Gesellschaft bekennen sich damit zur Organspende als einem solidarischen Akt der Nächstenliebe. Alle Menschen profitieren davon, wenn sie in die Situation kommen, ein Spenderorgan zu benötigen, damit sie weiterleben können. Aus eigener Erfahrung wissen die Betroffenen, wie schnell und unerwartet dies passieren kann. Jede und jeder sollte wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Organspende zu benötigen, weitaus höher ist, als selbst potenziell als Organspender*in infrage zu kommen. Zugleich wäre Deutschland im Rahmen von Eurotransplant endlich gleichgestellt mit den anderen Ländern, in denen die Widerspruchsregelung schon seit langem gilt“, so Mario Rosa-Bian, Sprecher des Bündnisses.
Organspende wünschenswert, aber keine Pflicht
Das Signal, welches von einer solchen Regelung ausgeht, lautet: Organspende ist wünschenswert, aber sie ist keine Pflicht. Das individuelle Recht, sich anders zu entscheiden, bleibt erhalten. Niemand muss die persönliche Entscheidung begründen. Zusätzlich würden immer die Angehörigen befragt, ob ein Widerspruch bekannt war. Die Widerspruchsregelung könnte über das bereits vorhandene digitale Organspenderegister sehr einfach und kostengünstig umgesetzt werden. Darüber hinaus ist zu hoffen, dass sie das Bewusstsein in den Kliniken für die Organspende stärkt, damit diese Ihrer gesetzlichen Pflicht, potenzielle Organspender*innen zu identifizieren, besser nachkommen.
Nur ein Baustein von vielen
„Uns ist wichtig zu betonen: Die Widerspruchsregelung ist nicht „die“ Lösung aller Probleme. Bei der Transplantationsmedizin handelt es sich um ein komplexes System. Es reicht nicht, beliebig an einzelnen Schrauben zu drehen. Dies haben die wirkungslosen Gesetzesänderungen von 2019 und 2020 gezeigt. Nach wie vor bedarf es weiterer Anstrengungen, um auch die strukturellen Probleme in den Kliniken anzugehen. Dazu gehört eine bessere personelle Ausstattung und eine ausreichende Anzahl an Transplantationsbeauftragten, die auch entsprechend freigestellt werden müssen. Ob ein Klinikbett für eine lebensrettende Organtransplantation zur Verfügung gestellt wird, darf keine ökonomisch getriebene Frage sein“, betont Zazie Knepper, Sprecherin des Bündnisses ProTransplant. Ebenso müsse die Diskussion über die medizinischen Kriterien fortgeführt werden. Auch hier hinke Deutschland vielen anderen Ländern hinterher, in denen eine Organspende nicht nur nach irreversiblem Hirntod, sondern auch nach infauster Prognose nach Herz-Kreislauf-Tod möglich ist. Auch müssten die aktuell sehr restriktiven Regelungen bezüglich einer Lebendorganspende überarbeitet werden.
Das Bündnis ProTransplant ist ein Zusammenschluss von über 20 Patientenverbänden und Selbsthilfegruppen. Sein Ziel ist es, die Gesetzgebung zur Organspende und Organtransplantation so zu verbessern, dass jeder Mensch, der ein Organ benötigt, es innerhalb einer vertretbaren und mit unseren europäischen Nachbarländern vergleichbaren Wartezeit bekommt.
Mario A. Rosa-Bian
Zazie Knepper